- Wohnen & Pflege
Eine gute Zeit
Im Neuhauser Haus Heilig Geist eröffnete im September 2021 eine zweite Tagespflege der MÜNCHENSTIFT. Pflegebedürftige, die zu Hause leben und tagsüber Unterstützung und Abwechslung wünschen, finden hier ein anregendes Umfeld.
Nachdem meine Mutter nach einem Unfall letzten Sommer operiert wurde, verschlechterten sich ihre körperlichen und geistigen Fähigkeiten derart, dass sie nicht mehr Zuhause allein zurechtkam“, erzählt Stefan Vogel. Da der Sohn der 89-Jährigen berufstätig ist, musste eine Lösung gefunden werden. Anfangs kam er morgens und abends bei ihr vorbei, um das Essen herzurichten, ein Freund half immer wieder aus. Doch schnell wurde klar, dass Liselotte Vogel mehr Hilfe brauchte. „Dadurch, dass die Demenz rasant voranschritt, wurde es immer schwieriger. Aber weder eine private Betreuungskraft zu Hause noch der Einzug in ein Pflegeheim kamen in Frage“, schilderte Stefan Vogel. Durch Zufall erfuhr er von der neuen Tagespflege in Heilig Geist.
Nach einem Schnuppertag war sofort klar, dass das genau das Richtige für seine Mutter ist. „Die Menschen und Aktivitäten tun ihr gut. Wenn ich sie abhole, strahlt sie und ist guter Laune. Sie kann mir zwar nicht mehr erzählen, was sie genau gemacht hat, aber durch ihre Stimmung und Bemerkungen, weiß ich, dass es ihr gut gefallen hat.“
Unterschiedliche Anliegen
Wie Stefan Vogel geht es inzwischen vielen Angehörigen. Für die zunehmende Zahl pflegebedürftiger Menschen müssen geeignete pflegerische Angebote entwickelt werden. Deshalb empfiehlt das Sozialreferat der Landeshauptstadt München den Ausbau solitärer Tagespflegeplätze, wie sie die Tagepflege im MÜNCHENSTIFT-Haus Heilig Geist bereits jetzt anbietet.
Vier Pflegefachkräfte und eine Betreuungsassistentin kümmern sich von 8 bis 17 Uhr um die derzeit 31 Gäste, der Jüngste 72 und die Älteste 91 Jahre alt. Viele kommen nur an bestimmten Tagen, der Donnerstag mit 16 Gästen ist am stärksten besucht.
„Die Anmeldungen erfolgen über die Angehörigen, die über ein Angebot im Quartier froh sind“, erzählt Sabine Herbrich, Leitung der Tagespflege. Da die Grade der geistigen und körperlichen Einschränkungen variieren, insbesondere bei Demenz, sind die Angehörigen oft Tag und Nacht gefordert und stoßen irgendwann an ihre Grenzen. Ein entlastendes Umfeld für die Pflegebedürftigen ist dann eine gute Möglichkeit, Erledigungen zu machen, dem Beruf nachzugehen und auch wieder zu Kräften zu kommen. „Die Angehörigen entlastet es sehr zu wissen, dass Ihre Partner*innen oder Eltern gut aufgehoben sind“, beobachtet Sabine Herbrich.
Ob lieber gemütlich oder anregend: für unterschiedliche Interessen oder Tageskonstitutionen werden in dem Wohn- und den zwei Ruheräumen sowie im großen Garten im Innenhof des Hauses viele Aktivitäten geboten. Dazu gehören Tierbesuche, Musiknachmittage, Kraft-Balance-Training, Qi Gong, Malen, Basteln, Handarbeiten, Puzzle, Lesen, Brotbacken, Gedächtnistraining, Kino oder Wellness mit Maniküre, Massagen und Maske.
Auch Ausflüge stehen auf dem Programm. „Viele sind überrascht, wieviel wir hier anbieten“, freut sich Sabine Herbrich, die langjährige Erfahrungen bei der Hausinternen Tagesbetreuung mitbringt. „Gerade Corona hat viele Menschen einsam werden lassen, da tun ihnen diese Beschäftigungen unter Menschen gut.“
Anregendes und gemütliches Umfeld
Morgens um 8 Uhr erwartet Husein Hasanbasic die ersten Gäste, die meistens mit Taxis gebracht werden. „Nachdem die Mäntel abgelegt wurden und wer mag, seine Hausschuhe angezogen hat, machen wir den täglichen Coronatest“, erzählt die Pflegefachkraft, die seit 2015 im Haus Heilig Geist, zuletzt in einem gerontopsychiatrischen Bereich, tätig ist. Zum Ankommen gibt es im Wohnzimmer Kaffee und Frühstück. Die Bestellungen für das Mittagessen, eine Auswahl verschiedener auch vegetarischer Menüs mit großem Bio-Anteil, werden dabei angeregt diskutiert.
Wenn alle da sind, geht es los mit den ersten Aktivitäten. „Heute stand eine Stadtrundfahrt auf dem Programm, Richtung Zoo ging es mit dem Hausbus durch verschiedene Stadtteile mit einer kleinen Pause mit Kaffee und Kuchen am Nymphenburger Schloss“, so Hasanbasic. Ob Ausflug, Qi Gong oder Kraft-Balance-Training: Bis zum Mittagessen ist die Zeit schnell verflogen. „Das Essen ist sehr beliebt und wird mit viel Appetit gegessen. Vielleicht macht das auch die Atmosphäre, in der sich unsere Gäste wohlfühlen.“ Wer mag, kann sich anschließend auf den Liegesesseln im Ruheraum ausruhen. Kaffee und Kuchen sorgen danach für die nötige Stärkung.
Weitere Bewegungsangebote, aber auch Kreatives wie Malen oder Basteln und sogar eine Singgruppe stehen an. Es gibt derzeit auch drei Bewohner, die begeistert Mensch-ärgere-dich-nicht miteinander spielen. Angebote von Ehrenamtlichen ergänzen das Spektrum, dazu gehören eine Yogalehrerin, zwei Medizinstudenten, die sich mit den Gästen unterhalten, und ein langjähriger ehrenamtlicher Helfer, der alle 14 Tage vor Ort Brot, Pizza oder Plätzchen bäckt. Auch ein Kindergarten kommt regelmäßig an das Fenster oder in den Garten. Die eigenen Kompetenzen werden gefördert, das Selbstbewusstsein gestärkt, erzählt Husein Hasanbasic: „Wir erhalten sehr positive Rückmeldungen von den Angehörigen. Dadurch, dass unsere Gäste hier auch gefordert sind, sind sie ausgeglichener und können nachts besser schlafen.“
Die Schnuppertage am Freitag geben Einblick in die Tagespflege, die individuelle Situation und finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten werden bei einem Beratungsgespräch besprochen. Ab Pflegegrad 2 wird von den Kassen ein Teil der Kosten übernommen.
Text: MÜNCHENSTIFT Magazin, Heft Nr. 99 - März 2022
Fotos: Barbara Donaubauer und MÜNCHENSTIFT